Gefühlt von einer Megakrise zur nächsten. Gehetzt. Atemlos. Ohne Verschnaufpause. Die letzten drei Jahre verlangen uns ganz schön was ab, oder? Und gefühlt ist noch kein Ende in Sicht.
Die Zeit hat Spuren hinterlassen. Bei mir. Bei meiner Familie. Bei den wertvollen Menschen, ob groß, ob klein, die ich täglich in meiner Praxis begleiten darf.
Neulich bin ich über eine extrem spannende, aktuelle Umfrage der Zeitschrift ELTERN zum Thema „Was bewegt Familien in Krisenzeiten“ gestolpert. Die Befragung zeigt: Die Wertschätzung dafür, wie gut es einem selbst geht, und für den familiären Zusammenhalt sind bei vielen Menschen (43 Prozent) stärker geworden. Schön, oder?
Ich möchte dir davon inspiriert Gedankenimpulse und Kraftquellen an die Hand geben, die vielen Familien einen sicheren Hafen in der stürmischen Krisenflut geschenkt haben.
Die Krise hat viele Gesichter
Bei der Begleitung von Familien traf ich auf ganz unterschiedliche Umgänge mit der Krise: Aufgeregtheit, Gereiztheit bis Wut. Überforderung, Schockstarre bis Handlungsunfähigkeit. Oder hektisches Hin- und Herhasten wie ein Häschen im Zickzack oder wie ein Hamster im Rad, das sich immer schneller dreht.
Menschen reagieren verschieden. Viele Eltern teilen das Gefühl von Hilflosigkeit gepaart mit dem tiefen inneren Wunsch, ein stabiler Anker für ihre Liebsten zu sein. Doch – wie sollst du als Mama, als Papa der Fels in der Brandung werden, wenn die eigene gewohnte Welt völlig aus dem Ruder läuft?
Nimm dir einen ruhigen Moment und überlege für dich: Wie geht es dir in dem Jahr 2022? Was brauchst du? Welche Kraftquellen hast du in den letzten 3 Jahren für dich erschlossen? Hast du vielleicht ganz tief in dir gegraben, bis eine neue Quelle für deine Kraft anfangs zögerlich, dann immer stärker erquickend, fröhlich und lebendig sprudelte?
Bewusstheit und sprechen hilft
In einer Krisenzeit ist es so wichtig, dass du als wache Eltern, als fürsorgende Mama, als fürsorgender Papa einen bewussten Zugang zu dir hast. Damit du deiner Familie die Black Box deiner Emotionen und Gedanken greifbar(er) machen kannst.
Du kannst deiner Familie offen adressieren, wenn du angespannt bist. Und ja, auch Weinen ist okay und darf Platz haben. Du musst nicht alles wissen, musst nicht immer Recht haben. Manchmal entlastet es auch, das zuzugeben.
Gib deinen Familymembers den Raum, das Gleiche zu tun – ohne Zwang. Nur, wenn sie möchten. Gib ihnen den Raum, den es braucht, wenn sie das Bedürfnis haben, sich zurückzuziehen. Selbst, wenn du sie eigentlich voll in den Kokon deiner Fürsorge hüllen möchtest.
Miteinander austauschen hilft, in echter Verbindung zu bleiben. Aufmerksam lauschen, Bedürfnissen Raum geben. Alles ist gut. Alles darf sein.
Kraftquelle #1: Begegnungen – ganz analog und echt
So viel diskutiert und herausfordernd soziale Kontakte in den letzten Jahren auch waren: Sie sind eines der Dinge, die Menschen unglaublich viel Kraft geben.
Ich spreche nicht von virtuellem Beisammensein über Social Media, WhatsApp, Chats und Co. Ich spreche von echten Begegnungen. Begegnungen, bei denen ihr euch in die Augen schaut, die Körper entspannt sind, ihr zusammen atmet. Begegnungen, bei denen ihr euch als Menschen seht, mit den Struggeln, Neurosen, mit all den kleinen verdrucksten Wünschen und Bedürfnissen, die wir haben. Und annehmt, was es ist.
Ich wünsche dir von Herzen, dass das in deiner Partnerschaft, mit deinen Kindern möglich ist. Das Verbinden im gemeinsamen Sein. Das füreinander da sein. Das Wissen darum, dass das Leben aus viel mehr besteht als aus Hustlen. Auch, wenn deine Akkus gerade krisenleer sind.
Kraftquelle #2: Gemeinsame Rituale schaffen
Fast die Hälfte der in der Studie befragten Familien gab an, dass Rituale Anker für den familiären Zusammenhalt sind.
Feste Gewohnheiten schenken Stabilität: ob das Abendessen, das Kuscheln oder die Gute-Nacht-Geschichte vorm Schlafengehen; ob der samstägliche Spieleabend, Ausflüge oder das gemeinsame Lego bauen.
Bei meiner Familie und mir dreht sich beispielsweise viel um Sport. Ich lege meine Termine so, dass ich meine Kinder am Wochenende zum Fußballspielen und Trainings fahre. Die Autofahrt gehört zu unserem Ritual und zur Gemeinsamzeit – ganz gleich, ob meine Kinder mal motzig sind.
Aufgepasst: Fernsehen oder Screentime zählen übrigens nicht zu den Ritualen, die den Familienzusammenhalt stärken.
Kraftquelle #3: Spüren, dass wir mehr zurückbekommen als wir geben
Eltern sind sich einig: Kinder geben ihnen unglaublich viel zurück. So herausfordernd die Situation auch sein mag.
Oft wissen wir erst in der Rückschau, was Kinder uns schenken. Wir vergessen, innezuhalten und lassen die gemeinsame Zeit an uns vorbeistreichen. Alles verschwindet im Nebel aus Anstrengung, Ermüdung, Erschöpfung – und wir übersehen es zu spüren, welche unglaubliche Freude Kinder eigentlich zurückgeben. Ist das nicht ein Aufruf, um die vielen winzig kleinen Freude-Momente stärker wahrzunehmen, im Herzen abzuspeichern?
Danke, dass du dir die Zeit für diese Zeilen genommen hast. Ich wünsche dir von ganzem Herzen eine sprudelnde Kraftquelle für alles das, was kommen mag.