Unser Darm befeuert das Gehirn und triggert es permanent. Das entherische Nervensystem nutzt die Darm-Hirn-Achse wie einen Flipper, der verrückt spielt.
Ist dir auch schon aufgefallen wie verschiedene Lebensmittel deine Stimmung beeinflussen? Oder auch die deines Kindes? Konntest du schon Zusammenhänge zwischen Trägheit oder auch Hyperaktivität und der Mahlzeit, die ihr zusammen verspeist habt, feststellen?
In diesem Beitrag möchte ich dir die Zusammenhänge der Darm-Hirn-Achse näher bringen und Bewusstsein schaffen im Sinne von: Du bist was du isst.
Fallbeispiel aus meiner Praxis
Kürzlich war eine Familie mit Schulkind in meiner Praxis. Das Kind zeigte Verhaltensauffälligkeiten, hatte Probleme sich zu konzentrieren und über einen längeren Zeitraum still zu halten. Wie so oft haben die Eltern nach Blockaden gesucht, wir als Osteopathen hingegen fahnden das Nervensystem des Gehirnes. Wichtig dazu zu wissen ist, dass das Nervensystem eines Kindes noch in der Entwicklungsphase ist und es Stellen gibt, an denen es möglich ist, dass das Nervensystem noch nicht zur Ruhe gekommen ist.
Was mache ich also? Ganz salopp gesagt lege ich meine Hände auf, erspüre und nehme alle Informationen auf, die von dem Kind zu mir fließen. Bei diesem Prozess herrscht völlige Stille im Raum, die auch mehr als notwendig ist, um zu empfangen. Wo gibt es Vibrationen? Wo Kribbeln? Wo ist zuviel Ladung?
Auch bei diesem Kind habe ich eine „Störung“ im zentralen Nervensystem gefunden. Der Ursprung dieser findet sich oft in geburtstraumatischen Erlebnissen. Einen wesentlich bedeutenderen Ausschlag konnte ich jedoch im Bereich des Nervensystems rund um den Darm, das entherische Nervensystem, finden. Das entherische Nervensystem ist ein eigenständiges Nervensystem, dass dem Darm die Möglichkeit verleiht separat zu arbeiten.
Die Anamnese zeigte, dass die Mama bereits vor der Schwangerschaft mit Verdauungsbeschwerden zu kämpfen hatte und wenig gute Darmbakterien ihren Darm besiedeln. Dazu kam ein Notkaiserschnitt, die viel zu frühe Abnabelung durch welche zu wenige Stammzellen von der Mama zum Kind transportiert werden konnten. In der Folge gab es Probleme beim Stillen sowie Hauterscheinungen und frühkindliche Neurodermitis mit der Beikosteinführung. Oft nehmen Kinder mit ähnlichen Vorgeschichten später nur bestimmtes Essen an, wie zum Beispiel Nudeln mit Tomatensoße.
Sowohl durch das Hineinspüren in die Schwingungen des Kindes als auch durch die Anamnese, formt sich bei mir ein Gesamtbild.
Was kannst du aus diesem Fallbeispiel für dich mitnehmen?
• Es spielt eine immense Rolle, wie wir geboren werden
• Der Einfluss auf das Kind beginnt bereits in der Schwangerschaft.
• Darmbakterien und die Ernährung der Mutter spielen eine wichtige Rolle
• Viele Themen, die und mit unseren Kindern beschäftigen, lassen sich auf die Darm-Hirn-Achse zurückführen (Hauterscheinungen, Verdauungsstörungen, Kolliken, Autoimmunerkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, uvm.)
3 Wege wie der Darm deines Kindes mit seinem Gehirn kommuniziert
Über das Darmmikrobiom
Billionen von Mikroorganismen leben auf und in uns: auf unserer Haut, den Schleimhäuten und vor allem besiedeln sie das Innere des Darm eine Kindes. Sie werden bereits während der Schwangerschaft über die Nabelschnur und das Fruchtwasser transferiert. Es macht daher einen Unterschied, ob eine Frau bereits Beschwerden im Darm hat wie bspw. einen Reizdarm. Solche Vorerkrankungen sind zwar nicht optimal für das Kind, aber auch nicht schlimm. Man muss sich dessen nur bewusster werden und sich über Möglichkeiten informieren, bspw. die Zuführung von gesunden Darmbakterien. Bakterien übernehmen später viele wichtige Aufgaben im Stoffwechsel des Kindes.
Der Darm produziert 85% des Glückshormons Serotonin. Ebenso ist er zuständig für die Hormonproduktion. Diese gelangen ins Blut und können über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn kommen, werden aber gleichzeitig durch Rezeptoren des entherischen Nervensystems erkannt und können so auf einem zweiten Weg weitergegeben werden in Richtung des Gehirns. Die Bakterien tragen unter anderem dazu bei, dass die Darmschleimhaut stabilisiert wird und somit keine Stoffe durch den Darm hindurchsickern. Das glymphatische System, also lymphatische Bahnen, die neben dem Darm alles aufsammeln was Müll ist, sorgt dafür, dass dieser Müll nicht in Richtung zentrales Nervensystem, also das Gehirn kommen kann.
Es gibt verschiedene Wege, wie die Darm-Mikrobiom-Gehirn-Achse auf viele Themen, die aktuell in unserer Gesellschaft mit Kindern eine große Rolle spielen, Einfluss nimmt. Unruhe, Kopfschmerzen, frühkindliche persistierende Reflexe. Jedoch informiert niemand darüber, dass der Darm und seine Besiedelung die Grundlage dafür legen, dass im Gehirn stressrelevante frühkindliche Reflexe abgebaut und integriert werden können.
Mehr zum Thema frühkindliche Reflexe kannst du in meinem Tagesworkshop „Der Tanz der frühkindlichen Reflexe“, welcher im Januar stattfindet, erfahren.
Über das Blut
Mehr als 25 verschiedene Hormone und Entzündungsproteine (Zytokine) gelangen vom Darm über das Blut ins Gehirn, vor allem in den Hypothalamus. Dazu gehört unter anderem das Hormon Serotonin und speziell zum Thema Schlafstörungen Melatonin. Ebenso wird Dopamin transportiert, welches Energie, Power und Enthusiasmus bringt. Und zu guter Letzt Bindungshormone wie Gaba, Peptide und Oxytocin. Der Darm beeinflusst somit bei deinem Kind einiges. Einige Beispiele sind der Schlaf-Wach-Rhythmus, das Immunsystem, der Turnus von Blutgefäßen und das Schmerzempfinden. Sobald dein Kind wortwörtlich einen kleinen Pups verstört moduliert der Darm leichtes Unwohlsein während der Wachstumsphasen. Wie stark dein Kind diese Empfindung hat, entscheidet im Endeffekt der Darm bzw. die Gesundheit von dessem. Später bei älteren Kindern sorgt dieser Transfer vom Darm ins Gehirn für Motivation, Konzentration, Entspannung und Zufriedenheit. Angst und Stress werden reduziert. Demnach sollten wir darauf achten, was ins Blut kommt und was somit in unserem Körper zirkuliert und dies optimieren. Das ist weder Schischi noch eine Kleinigkeit. Es ist extrem wichtig und wertvoll sich damit zu beschäftigen.
Merke dir: Was von der Mama zum Kind übertragen wird, kann entscheidend sein. Eine Mama kann ihr Ungeborenes von Anfang an unterstützen. Sollten Darmprobleme bei der Mama bestehen, bitte diese nicht einfach abtun, sondern ernstnehmen und begleiten. Es kann beispielsweise eine Stuhlprobe mit Mikrobiom-Analyse gemacht werden.
Und auch nach der Schwangerschaft sollte man zunächst bei sich selbst anfangen die Ursache zu finden. Dies kann dann auf das Kind übertragen werden.
Über das vegetative Nervensystem
Osteopathen sind Fan vom 10. Hirnnerv. Früher dachte man, dass unser vegetatives Nervensystem nur auf Angriff, Flucht oder Entspannung gepolt ist. Mittlerweile weiß man, dass die Reaktionen auf Stress und Bedrohung wesentlich feiner moduliert sind. Es besteht aus einem dorsalen und einem ventralen Anteil. Dem dorsalen Anteil schreibt man dem Nervus Vagus zu. Dieser versetzt uns in einen Freeze Modus. Der ventrale Anteil ist für die Kommunikation zuständig und versorgt unser Herz, die Brust, Speiseröhre usw.
Früher dachte man, dass die Informationen vor allem vom Gehirn in den Darm gelangen. Mittlerweile wissen wir jedoch, dass es genau umgekehrt ist und das immanent. 90 % der Informationen laufen aus dem Darm in Richtung Gehirn.
Übung für die Woche
Gehe in den nächsten Tagen mal achtsam mit deinem Bauchgefühl durch die Welt. Wann spürst du selbst, dass das was in deinem Bauch gerade passiert, deine Verdauung, Einfluss auf deine Stimmung nimmt? Wann verändert sich etwas durch das was du isst? Und wann suchst du bewusst etwas, dass eine Veränderung herbeiführt, also zum Beispiel deine Stimmung hebt? Was machen Dinge, die du gerne isst, mit dir und deinem Verdauungstrakt oder deiner Stimmung? Und was passiert bei deinem Kind, wenn sein Bauch grummelt? Wie verändert sich die Stimmung deines Kindes?
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