Wie Erziehung Gesinnung schafft: Wie frühe Prägungen durch Erziehung die Gesinnung formt
In einer zunehmend polarisierten Gesellschaft ist der politische Rechtsruck, der seit einigen Jahren in Deutschland spürbar ist, nicht mehr zu übersehen. Doch wie entstehen solche gesellschaftlichen Bewegungen? Was beeinflusst Menschen in ihrer Gesinnung und ihrer politischen Haltung? In seinem Buch “Erziehung schafft Gesinnung” beleuchtet der Kinderarzt und Wissenschaftler Herbert Renz-Polster, wie Faktoren wie Schwangerschaft, Geburt, Kindheit und Erziehung die politische Orientierung junger Menschen prägen. Er zeigt auf, dass die frühkindlichen Jahre – von der Schwangerschaft über die Geburt bis zur Kindheit und Jugend – eine maßgebliche Rolle in der Formung von Werten und Einstellungen spielen. Dieser Beitrag widmet sich den Kernthesen Renz-Polsters und beleuchtet, wie frühe Lebensphasen das politische Klima und die Tendenzen zu einem gesellschaftlichen Rechtsruck mitgestalten können.
Hier gibts das ganze auch auf die Ohren
Schwangerschaft und Geburt: Die ersten Erfahrungen des Ankommens in der Welt
Bereits vor der Geburt beginnen die ersten Prägungen eines Menschen. Renz-Polster hebt hervor, dass das Umfeld, in dem ein Kind empfangen wird, und die Erfahrungen während der Schwangerschaft und Geburt die Grundlage für das spätere Vertrauen in die Welt legen. Stress, Unsicherheiten oder soziale Isolation der werdenden Eltern wirken sich auf das ungeborene Kind aus und fördern eine Grundhaltung von Misstrauen oder Anspannung. Kommt das Kind in einem Umfeld zur Welt, das ihm Liebe, Sicherheit und Geborgenheit bietet, lernt es, die Welt als grundsätzlich positiv und vertrauensvoll zu erleben.
Ist jedoch das Gegenteil der Fall und werden Unsicherheiten und Ängste der Eltern auf das Kind übertragen, prägt dies nicht nur die Bindung zu den Eltern, sondern fördert langfristig Misstrauen gegenüber dem „Anderen“ oder Unbekannten – eine Haltung, die später zur Ablehnung von Vielfalt oder zur Unterstützung autoritärer Ideologien beitragen kann.
Unterstützung junger Eltern: Ein wichtiger, oft fehlender Pfeiler
Renz-Polster kritisiert, dass jungen Eltern oft die gesellschaftliche Unterstützung fehlt, die sie für eine gesunde und geborgene Erziehung ihrer Kinder benötigen. Eltern befinden sich in einem ständigen Spagat zwischen Beruf, Familie und sozialen Anforderungen. Wenn junge Familien auf ein stabiles Netzwerk zurückgreifen können, stärkt das ihre Resilienz und das Vertrauen in ihre Fähigkeit, die Herausforderungen der Erziehung zu meistern. Dies wirkt sich auch auf die Bindung und Beziehung zum Kind aus und fördert eine Atmosphäre von Zuversicht und Offenheit.
In einem Gesellschaftsmodell, das auf individueller Leistung und Wettbewerb basiert, sind diese Unterstützungsnetzwerke jedoch oft schwach ausgebildet. Soziale Isolation und Überforderung können Eltern und Kinder in ein Umfeld drängen, in dem die Welt als bedrohlich und unsicher wahrgenommen wird. Kinder, die in einem solchen Umfeld aufwachsen, neigen später eher dazu, autoritäre Strukturen als Antwort auf Unsicherheiten zu bevorzugen und politische Haltungen zu entwickeln, die eine starke Führung und klare Grenzen verlangen.
Kindheit und Schule: Prägende Werte und Ideologien
Ein großer Teil der frühen Wertevermittlung erfolgt in der Kindheit, wobei Eltern und Erziehungseinrichtungen wie Kitas und Schulen eine zentrale Rolle spielen. Renz-Polster betont, dass die Werte und Normen, die Kinder in diesen Jahren erfahren, eine direkte Auswirkung auf ihre späteren Haltungen haben. Wenn die Erziehung primär auf Gehorsam und Anpassung abzielt, lernen Kinder, Konflikten auszuweichen und eigene Bedürfnisse zu unterdrücken – ein Verhalten, das sie später anfällig für autoritäre Strukturen und Gedankengut macht.
Andererseits können Schulen und pädagogische Konzepte, die auf Förderung von Neugier, Offenheit und kritischem Denken setzen, Kinder darin stärken, mit Unterschiedlichkeit umzugehen und demokratische Werte zu schätzen. Bildungssysteme, die einseitig auf Leistung und Anpassung abzielen, fördern hingegen eine Grundhaltung von Konkurrenz und Abgrenzung – Haltungen, die das Entstehen von rechtsorientierten Denkweisen begünstigen können.
Erziehung und Wertevermittlung: Die lange Prägung junger Menschen
Eltern und Erzieher prägen das Wertesystem eines Kindes langfristig. Kinder übernehmen oft unbewusst die Haltungen und Überzeugungen ihrer Eltern und Umgebung. Wird in der Erziehung ein Betonung auf Konkurrenz und nationaler Identität gelegt oder wird Diversität abgelehnt, beeinflusst dies die Bereitschaft, sich auf eine vielfältige Gesellschaft einzulassen. Eine autoritäre Erziehung, die auf Gehorsam, Disziplin und Anpassung setzt, kann Ängste und Abgrenzungen gegenüber anderen Gruppen stärken. Dies öffnet Raum für Ideologien, die einfache, klare Strukturen und Grenzen fordern – ein Nährboden für populistische oder rechtsextreme Bewegungen.
Renz-Polster zeigt auf, dass Kinder, die in einer liebevollen und offenen Atmosphäre aufwachsen, in der Vielfalt als Bereicherung verstanden wird, dazu tendieren, später demokratische Werte und Toleranz zu schätzen. Die Art der Erziehung und die Werte, die dabei vermittelt werden, können somit eine direkte Wirkung auf das gesellschaftliche Klima und das politische Spektrum haben.
Die gesellschaftliche Verantwortung: Für eine offene und unterstützende Erziehungskultur
Herbert Renz-Polsters Buch appelliert an die Gesellschaft, eine Kultur zu schaffen, die junge Eltern unterstützt und Kindern die Möglichkeit gibt, Vertrauen in die Welt zu entwickeln. Der Rechtsruck in Deutschland zeigt, wie wichtig es ist, bereits in der Kindheit demokratische Werte zu vermitteln und Kindern das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit zu geben. Dafür sind unterstützende Netzwerke, ein gerechtes Bildungssystem und eine Erziehung, die auf Vertrauen und Offenheit basiert, unerlässlich.
Renz-Polsters Analysen machen deutlich, dass ein Wandel nicht nur auf politischer Ebene erfolgen kann, sondern dass gesellschaftliche Strukturen und Erziehungswerte grundlegend verändert werden müssen, um langfristig eine gesunde und offene Gesellschaft zu fördern. Eltern und Erzieher tragen hier eine besondere Verantwortung: Sie sind es, die die Werte vermitteln, die später das gesellschaftliche und politische Klima prägen.
Wie können wir der gesellschaftlichen und globalen Rückkehr von autoritärem Populismus, Rechtsradikalismus und dem offenem Verlust demokratischer Werte entgegen treten?
Wir als kleine Otto-Normal Verbraucher gegen die Da oben?
Mit Nichten, DU als Eltern bist eine der Grundsäulen auf denen die Gesinnung von Kindern zu Kooperation, Mitgefühl, Mitgestaltung anstelle von Konkurrenz, Macht des Stärkeren und Co aufbaut?
Wie?
👉 Lesen bildet – unbezahlte Werbung für “Erziehung schafft Gesinnung”
👉 Podcast Lauschen bildet – Hier gibts das ganze auch auf die Ohren
👉 Somatische Techniken der Eigen – und Co Regulation von Kindern