Fixes Mindset vs. Wachstumsmindset bei Patienten und Eltern – Einblicke aus der Kinder-Osteopathie
In der Kinder-Osteopathie, die sich auf die Behandlung von Kindern und Babys spezialisiert, erleben wir nicht nur physische Herausforderungen unserer kleinen Patienten, sondern auch die mentalen und emotionalen Haltungen der Eltern.
Häufig beeinflusst diese Haltung den Verlauf der Behandlung und den Heilungsprozess enorm.
Hierbei spielt das Mindset – das innere Denkmuster – eine entscheidende Rolle. Besonders die Unterscheidung zwischen einem fixen Mindset und einem Wachstumsmindset ist dabei von großer Bedeutung.
Was ist ein fixes Mindset?
Die Begriffe „fixes Mindset“ und „Wachstumsmindset“ gehen auf die Forschung der Psychologin Carol Dweck zurück.
In ihrem Buch „Mindset: The New Psychology of Success“ beschreibt sie das fixe Mindset als die Überzeugung, dass Fähigkeiten, Intelligenz und Talente fest verankert und unveränderbar sind. Menschen mit einem fixen Mindset neigen dazu, Herausforderungen zu meiden, um nicht als „unfähig“ zu erscheinen. Sie interpretieren Misserfolge als Bestätigung für ihre angeblich begrenzten Fähigkeiten. Auf die Osteopathie übertragen bedeutet dies, dass Eltern oder auch ältere Patienten möglicherweise den Heilungsverlauf als feststehend und unveränderbar ansehen. Sie könnten denken: „Mein Kind hat diese Krankheit, da gibt es nichts, was wir tun können.“
Das Wachstumsmindset: Ein flexibler Blick auf Heilung
Im Gegensatz dazu steht das Wachstumsmindset, bei dem Menschen daran glauben, dass sie durch Anstrengung, Lernen und Veränderung ihre Fähigkeiten verbessern können. Eltern mit einem Wachstumsmindset sind offen für neue Behandlungsmethoden, bereit, sich auf den Prozess einzulassen, und vertrauen darauf, dass Heilung oder zumindest Verbesserung möglich ist. Sie erkennen, dass der Weg zur Genesung nicht linear verläuft und oft Geduld und aktive Mitarbeit erfordert. Dies könnte sich beispielsweise in der Bereitschaft zeigen, die empfohlenen osteopathischen Übungen regelmäßig zu Hause mit dem Kind durchzuführen.
Auswirkungen auf den Heilungsprozess
Die Haltung, die Eltern zu der Behandlung ihres Kindes haben, kann maßgeblich den Erfolg der osteopathischen Therapie beeinflussen. Bei einem fixen Mindset, das oft durch Angst und Skepsis geprägt ist, könnten Eltern den therapeutischen Empfehlungen weniger folgen oder die Fortschritte ihres Kindes gering schätzen. Es entsteht ein Gefühl der Machtlosigkeit: „Das bringt ja sowieso nichts.“ Dies führt zu einem passiven Verhalten und einem Mangel an Kooperation, was letztlich die Therapie behindern kann.
Im Gegensatz dazu fördert ein Wachstumsmindset eine aktive Zusammenarbeit zwischen dem Therapeuten, dem Kind und den Eltern. Eltern mit einem solchen Mindset verstehen, dass sie selbst eine Schlüsselrolle im Heilungsprozess spielen, indem sie ihr Kind unterstützen und offen für Fortschritte – auch wenn sie klein und langsam sind – bleiben.
Forschungsergebnisse zum Einfluss des Mindsets auf Gesundheit
Untersuchungen zeigen, dass das Mindset einer Person einen erheblichen Einfluss auf ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden haben kann. Eine Studie von Yeager und Dweck (2012) zeigt, dass Menschen mit einem Wachstumsmindset resilienter gegenüber Herausforderungen sind, was auch in der Gesundheitsbewältigung eine Rolle spielt. In der Kinder-Osteopathie, wo der Heilungsprozess oft zeitaufwändig ist und Engagement erfordert, könnte ein fixes Mindset die Frustration erhöhen und den Prozess der Genesung verlangsamen.
Ebenso haben Dweck und Leggett (1988) festgestellt, dass Menschen mit einem Wachstumsmindset eher geneigt sind, Herausforderungen zu akzeptieren und sich anzustrengen, um ihre Ziele zu erreichen. Dies lässt sich auf Eltern übertragen, die bereit sind, den Heilungsweg ihres Kindes aktiv zu begleiten, anstatt zu resignieren.
Coaching-Ansätze und die Unterstützung durch den Osteopathen
Hier ist auch die Rolle des Kinder-Osteopathen entscheidend. Ein Teil der osteopathischen Arbeit ist es, Eltern dabei zu unterstützen, von einem fixen zu einem Wachstumsmindset zu wechseln. Dies geschieht durch gezielte Kommunikation, bei der der Fokus auf das Potenzial und die kleinen Fortschritte des Kindes gelegt wird. Eltern müssen spüren, dass sie einen aktiven Einfluss auf die Heilung ihres Kindes haben und dass ihre Unterstützung wertvoll ist.
Ein erfolgreicher Coaching-Ansatz könnte hier die „positive Reframing“-Technik sein, bei der der Therapeut negative, festgefahrene Überzeugungen in eine wachstumsorientierte Perspektive umwandelt. Statt zu sagen „Mein Kind hat seit Monaten Rückenschmerzen, nichts hilft“, könnte der Therapeut die Eltern ermutigen, die Fortschritte anzuerkennen, die das Kind bereits gemacht hat, und den Fokus auf die kontinuierliche Verbesserung zu legen.
Wie können Eltern ihr Mindset ändern?
Ein Wechsel von einem fixen zu einem Wachstumsmindset ist möglich, erfordert jedoch Bewusstsein und Übung. Hier sind einige Schritte, die Eltern helfen können:
- Bewusstsein schaffen: Zunächst müssen Eltern erkennen, dass sie möglicherweise ein fixes Mindset in Bezug auf die Gesundheit ihres Kindes haben. Dies ist der erste Schritt zur Veränderung.
- Kleine Fortschritte wertschätzen: Es ist wichtig, auch kleine Verbesserungen zu bemerken und zu feiern, anstatt sich nur auf das Endergebnis zu konzentrieren.
- Geduld üben: Heilung ist ein Prozess. Eltern müssen lernen, dass Rückschläge nicht das Ende bedeuten, sondern Teil des Lern- und Wachstumsprozesses sind.
- Positives Denken fördern: Anstatt sich auf das zu fokussieren, was nicht funktioniert, sollten Eltern ihren Fokus auf das richten, was gut läuft und was sie beeinflussen können.
Fazit
In der Kinder-Osteopathie spielt das Mindset eine zentrale Rolle im Heilungsprozess. Eltern mit einem Wachstumsmindset tragen aktiv zur Genesung ihres Kindes bei, indem sie offen für den Prozess sind und die kleinen Fortschritte schätzen. Ein fixes Mindset hingegen kann zu Frustration und Resignation führen, was den Heilungsprozess hemmt. Die gute Nachricht ist, dass das Mindset veränderbar ist – sowohl durch eigene Anstrengungen als auch durch die unterstützende Arbeit des Therapeuten.
Für Eltern ist es entscheidend, sich auf den Heilungsprozess als eine Reise zu konzentrieren, bei der Wachstum und Veränderung möglich sind, und nicht als ein festgelegtes Schicksal. Letztlich kann der Wechsel zu einem Wachstumsmindset den entscheidenden Unterschied im Wohlbefinden und in der Heilung ihres Kindes ausmachen.
Für Fragen, Anregungen und Ideen: info@stefanrieth.com
Dein Stefan Rieth, Msc. Ost., D.O.
Quellen:
https://psycnet.apa.org/record/2012-28709-004
https://psycnet.apa.org/record/1988-29536-001